Hat Gott wirklich einen Plan für uns?

Kennst du das? Der Tag beginnt und noch bevor du dein Frühstück beendet hast, schreien die Kinder, der Frühstücksbrei wird in die Haare geschmiert, das Glas Wasser landet auf dem Boden – und noch vor 7 Uhr hast du schon 20 Mal Streit geschlichtet – und das wegen Dingen wie wer den blauen Stift bekommt oder wer die dreckigen Socken weiter durch die Wohnung geworfen hat. Das Chaos ist perfekt und eigentlich bist du, bevor der Tag überhaupt angefangen hat, bereits am Ende. Der Stress im Familienleben ist … nun ja, spürbar. Und mehr als einmal (am heutigen Tag) hast du dich bereits gefragt: Ist Gott wirklich da? Wenn er mich liebt und Familie so wichtig für ihn ist, warum ist das dann so schwer?

Ich muss zugeben, mir geht es an vielen Tagen so. Und um das vorwegzunehmen – ich habe keine perfekte Antwort. Aber ich habe etwas, das mir Hoffnung gibt, und wenn du weiter liest, vielleicht auch dir.

Ich glaube, das Chaos gehört dazu

Das Leben ist immer voller Phasen, voller Höhen und Tiefen, oder? Ob in Beziehungen, Partnerschaften oder Familie. Und Familie ist etwas Lebendiges, und wo Leben ist, da ist auch Chaos. Tränen, Lachen, Streit und liebevolle Umarmungen – all das gehört dazu. Manchmal gibt es Phasen voller Lachen, manchmal Phasen voller Tränen. Manchmal lauter Streit, manchmal stille Enttäuschung. Und doch, genau in diesem Durcheinander, entstehen die wertvollsten Erinnerungen und bieten sich die besten Gelegenheiten, zu wachsen und an sich zu arbeiten. 

Tamara W. Runia sagte bei der letzten Generalkonferenz:

„Mit dem Auge des Glaubens können wir uns und unsere Familie aus größerer Perspektive sehen – und sind erfüllt von Hoffnung und Freude… Die Familie ist ein von Gott gegebenes Laboratorium, wo wir mit der Zeit das eine oder andere verstehen lernen. Falsche Schritte und Fehleinschätzungen sind also nicht bloß möglich, sondern wahrscheinlich.”

Momente, in denen wir uns gegenseitig trösten, unterstützen oder über den größten Schlamassel lachen. Und ja, auch Momente, in denen wir versagen und überfordert sind. Das ist Realität. Und diese Momente sind wichtig. Und auch wenn ich es mir einfacher vorstellen könnte, sind diese Momente das, was mir wirklich das Gefühl geben, zu leben und etwas zu bewirken (jedenfalls in den Momenten, in denen ich das Chaos zu etwas Positiven wenden kann oder daraus lernen kann und es schließlich besser mache).

Gott ist ein Gott der Ordnung – und der Geduld

An manchen Tagen wünsche ich mir, dass Gott einfach für Ordnung sorgen würde – dass die Kinder immer lieb sind, niemand streitet und der Alltag reibungslos läuft. Doch Gott zwingt uns keine Perfektion auf. Tatsächlich zwingt er uns gar nichts auf. Wir treffen unsere Entscheidungen immer selbst. Etwas, das ihm dabei aber wirklich wichtig ist, ist, dass wir uns entwickeln, dass wir Geduld lernen, unsere Erwartungen anpassen und seine Hilfe bewusst suchen.

„… der Tag dieses Lebens ist der Tag, da der Mensch seine Arbeiten verrichten soll.“ (Alma 34:32)

Gott geht es  – auch wenn wir uns das manchmal wünschen – nicht darum, dieses Leben für uns so einfach wie möglich zu gestalten. Es geht ihm darum, dass wir uns bemühen und über uns hinaus wachsen. Das schaffen wir nicht, wenn von vornherein bereits alles einfach ist.

„wir wissen: Bedrängnis bewirkt Geduld, Geduld aber Bewährung, Bewährung Hoffnung.” (Römer 5: 3,4)

Aber was, wenn ich diese Hoffnung, diesen Frieden einfach nicht spüre? Was, wenn das Chaos lauter ist als das Flüstern des Geistes? Genau dann lädt Gott uns ein, nicht aufzugeben. Er ist da – auch wenn er manchmal still erscheint.

Praktische Wege, Gott ins Familienleben einzuladen

  1. Familiengebet und Familienabend: Auch wenn die Kinder dabei herumzappeln – es geht um den Versuch, nicht um Perfektion.
  2. Einander – und vor allem sich selbst – vergeben: Missverständnisse und Streit gehören dazu. Und manchmal bedeutet Vergebung einfach, ins Bett zu gehen und dann einen neuen Tag zu beginnen.
  3. Schriftenstudium im Alltag: Lest gemeinsam im Buch Mormon oder der Bibel. Auch wenn es nur ein Vers ist – Gottes Wort kann Kraft geben. Und laut lesen, sich Gedanken machen, den Kindern etwas erklären – wie oft ich schon plötzlich den Heiligen Geist gespürt habe, auch wenn ich es wirklich nicht erwartete.
  4. Priestertumssegen: Nutzt die Kraft des Priestertums, um eure Familie zu segnen. Ein Segen kann in schwierigen Momenten Trost und Klarheit bringen – und wenn ihr einen Segen bittet, setzt ihr auch ein Zeichen: ihr gebt nicht auf, sondern zeigt Gott, dass ihr in wirklich dabei haben möchtet.
  5. Gemeinsam lachen: Humor ist eine göttliche Gabe. Ein Lächeln kann Spannungen lösen und den Tag leichter machen. Sind manche der Herausforderungen wirklich so wichtig? Oft merke ich, dass sie es nicht sind und ich es mir einfacher machen kann.

Wenn alles zu viel wird

Es ist in Ordnung, dass nicht immer alles glatt läuft. In der Hektik des Familienalltags dürfen wir uns darauf verlassen, dass Gott unsere Bemühungen sieht – auch wenn wir uns überfordert fühlen – und dass er dafür sorgt, dass das, was wir geben, genug ist.

„Werft alle eure Sorge auf ihn, denn er kümmert sich um euch!“ (1. Petrus 5:7)

Vielleicht verändert sich nicht sofort alles, wenn wir beten. Aber Gott kann uns helfen, Momente der Ruhe zu finden, auch wenn um uns herum das Chaos tobt.

Eine Einladung

Ich lade dich ein: Probier es aus. Sprich ein einfaches Gebet – auch wenn es nur ein Satz ist. Teile deine Sorgen mit Gott. Gib ihm Raum, auch mitten im Chaos. Auch wenn es sich anfühlt, als ob seine Hilfe auf sich warten lässt: Er wird dich nicht im Stich lassen.

Ein letzter Gedanke

Wenn du das Gefühl hast, dass das Chaos dich überrollt – halte einen Moment inne. Atme tief durch. Schau in die kleinen Gesichter, die dich anlächeln (oder gerade lautstark protestieren). Das ist Familie. Das ist echtes Leben. Denke an einen Erfolgsmoment, den ihr schon hattet – heute, gestern oder vor ein paar Wochen. Vielleicht findest du den Erfolgsmoment, an den du dich in einem solchen Moment erinnern möchtest, jetzt schon. Dann ist es vielleicht einfacher.

Und in all dem Chaos beweist Gott mir immer wieder: Er sieht uns. Er sieht, wie du dich bemühst, liebst, vergibst und immer wieder neu anfängst. Und er ist da. Vielleicht nicht, um das Chaos wegzunehmen, aber um dir die Kraft zu geben, darin zu bestehen. Um dir Momente des Friedens zu schenken – auch mitten im größten Trubel.

Vertraue darauf: Das, was du tust, ist nicht vergeblich. Deine Liebe zählt. Und selbst im größten Chaos bist du nie allein. Vergiss nicht: Familie ist ein göttliches Geschenk – auch wenn sie manchmal chaotisch ist. Gott kennt deine Herausforderungen und ist immer bereit, dir beizustehen. Deine Familie muss nicht perfekt sein, um gesegnet zu sein. Sie muss nur verbunden sein – durch Liebe, Geduld und den Glauben an einen Gott, der immer bei euch ist.