Ein Einblick in die Lehre der Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage

Die Frage, ob Polygamie im Himmel erforderlich ist, war lange ein Thema von Interesse und Diskussion, insbesondere innerhalb der Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage. Die reiche Geschichte der Kirche umfasst sowohl die Praxis der Mehrehe als auch deren Ende. Polygamie, oder Mehrehe, war ein bedeutender Teil der Geschichte der Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage. Obwohl die Kirche heute lehrt, dass Monogamie der Standard für die Ehe ist, wirft das Erbe der Mehrehe Fragen über deren Bedeutung in der Ewigkeit auf. Um die Haltung der Kirche zu diesem Thema zu verstehen, schauen wir uns einmal ein paar der relevanten, schriftlichen Lehren, historischen Praktiken und aktuellen Überzeugungen an.

Ist Polygamie eine göttliche Voraussetzung für die Erhöhung im Himmel, oder war sie eine Praxis, die an einen bestimmten historischen Kontext gebunden war?

Historischer Kontext und Offenbarungen zur Mehrehe

Die Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage lehrt, dass die Ehe zwischen einem Mann und einer Frau das allgemeine Gesetz Gottes für die Ehe ist. Es gibt jedoch biblische Beispiele, in denen Menschen angewiesen wurden, Mehrehe zu praktizieren. Joseph Smith, der Gründer der Kirche, erhielt in den frühen 1840er Jahren eine Offenbarung, die zur Praxis der Mehrehe unter einigen Kirchenmitgliedern führte. Diese Praxis basierte auf dem Glauben, dass sie für einen bestimmten Zweck göttlich verordnet war (Jakob 2:27-30).

Im Buch Lehre und Bündnisse im Abschnitt 132 spricht der Herr die Mehrehe an und betont, dass sie nur dann erlaubt ist, wenn sie von ihm befohlen wird. Diese Offenbarung bietet eine theologische Grundlage für die Praxis und unterstreicht, dass ein solcher Befehl selten und spezifisch ist. Obwohl die Mehrehe einen Platz in der Geschichte der Kirche hat, wird sie nicht als Standard- oder Normalpraxis für alle Gläubigen angesehen.

Nur zwischen 1852 und 1890 lebten die Heiligen der Letzten Tage die Mehrehe ganz offen. Obwohl einige Kirchenführer viele Ehefrauen hatten, lebten zwei Drittel der polygamen Männer nur mit zwei Frauen gleichzeitig. Den Kirchenführern war bewusst, dass das Leben in einer polygamen Ehe für Frauen schwierig sein konnte, weshalb unglückliche Frauen sich scheiden lassen und erneut heiraten konnten. In den ersten Jahren der Besiedlung Utahs heirateten einige Frauen sehr jung, was in den Grenzgebieten der USA damals üblich war.

Der Höhepunkt der Mehrehe war 1857, als etwa die Hälfte der Heiligen der Letzten Tage in polygamen Familien lebte. In den folgenden Jahrzehnten nahm die Anzahl solcher Familien ab. Es wurde nicht von allen Mitgliedern erwartet, polygam zu leben, aber sie mussten die Praxis als göttliche Offenbarung anerkennen. Die Frauen hatten die Freiheit, ihren Ehemann zu wählen und über die Art der Ehe zu entscheiden. Einige Männer gingen die Mehrehe auf Anweisung der Kirchenführer ein, während andere dies freiwillig taten, benötigten jedoch immer die Genehmigung der Kirchenführung. (Quelle)

Zweck der Mehrehe: Theologische und historische Perspektiven

Einer der Hauptgründe für das Gebot der Mehrehe war, “Nachkommenschaft für den Herrn zu erwecken”, was sich auf die Vermehrung rechtschaffener Nachkommen innerhalb des Evangeliumsbundes bezieht. Dieser Zweck steht im Einklang mit der biblischen Erzählung, in der der Herr oft die Bedeutung der Nachkommenschaft und der damit verbundenen Bündnisse betonte.

Im Kontext der frühen Heiligen der Letzten Tage wurde die Mehrehe als Mittel gesehen, um göttliche Verheißungen in Bezug auf Familien und das Wachstum der Kirche zu erfüllen. Die historische Anwendung dieses Prinzips war jedoch an das 19. Jahrhundert gebunden und wird nicht als allgemeine Voraussetzung für alle und zu jeder Zeit gesehen.

Lehren der Kirche: Spekulationen und Gewissheit

Gegenwärtige Perspektiven zur Polygamie

Heute betont die Kirche, dass die Mehrehe keine Voraussetzung für das Eintreten in das Celestiale Reich ist. Die Lehren moderner Propheten machen klar, dass die Mehrehe zwar in der Vergangenheit unter spezifischen göttlichen Anweisungen praktiziert wurde, sie jedoch keine notwendige Bedingung für die Erhöhung ist. Die aktuelle Lehre der Kirche spiegelt ein Bekenntnis zur Monogamie als Standard für die Ehe wider und betont, dass Spekulationen über die Notwendigkeit polygamer Beziehungen im Himmel unbegründet sind.

Obwohl einige sich fragen, ob Mehrehe im Jenseits existieren könnte, warnen Kirchenführer beständig vor solchen Spekulationen. Sie betonen, dass die in diesem Leben eingegangenen Beziehungen, die durch Treue und die Einhaltung von Bündnissen geprägt sind, aus ewiger Perspektive von Bedeutung sind.

Elder Dallin H. Oaks vom Kollegium der Zwölf Apostel hat nach dem Tod seiner ersten Frau erneut geheiratet. Er erklärte in einem Interview, dass es hinsichtlich der ewigen Natur der Ehe einige Aspekte gibt, die uns bekannt sind, während andere noch unklar bleiben:

„Es gibt auf dieser Erde viele, die mit mehr als einem Menschen verheiratet waren. Manchmal endet eine Ehe durch den Tod, manchmal durch eine Scheidung. Was bedeutet für diese Menschen das nächste Leben im Hinblick auf einen Bund, den sie einst geschlossen haben, und so weiter? Ich glaube nicht, dass diese Menschen viel darauf antworten können. Möglicherweise interessiert es sie nicht, weil sie nicht daran glauben, dass wir im nächsten Leben als Ehepaare zusammenleben werden. Und wenn sie nicht die Bündnisse eingehen und halten, die dies bewirken, haben sie [was sie selbst betrifft] ja Recht. Doch was diejenigen anbelangt, die wie ich in dem Glauben leben, dass die eheliche Beziehung ewig sein kann, muss man sich fragen: ‚Wie wird das nächste Leben aussehen, wenn man mit mehr als einer Frau für die Ewigkeit verheiratet ist?‘ Ich muss gestehen, dass ich es nicht weiß. Doch ich weiß, dass ich diese Bündnisse eingegangen bin, und ich glaube, dass sich der Segen, den ich hier erhoffe, im nächsten Leben verwirklichen wird, wenn ich den Bündnissen treu bin.“

Die ewige Natur der Ehe

Die Kirche lehrt, dass die Ehe ewig ist, aber die spezifischen Modalitäten, wie Beziehungen im Jenseits funktionieren könnten, bleiben ungewiss. Der Fokus liegt auf der Bedeutung der im sterblichen Leben eingegangenen Bündnisse, nicht auf der Struktur dieser Beziehungen. Die Idee der ewigen Ehe bezieht sich hauptsächlich auf die Liebe, das Engagement und die Verantwortlichkeiten, die zwischen Ehepartnern geteilt werden, und weniger auf die Anzahl der Ehepartner.

Moderne Position der Kirche zur Mehrehe

Einstellung der Praxis

Die Kirche hat die Mehrehe seit Ende des 19. Jahrhunderts bzw. von wenigen Ausnahmefällen ab 1904 nicht mehr praktiziert und sie durch das Manifest von 1890 offiziell eingestellt, das von Präsident Wilford Woodruff erlassen wurde. Diese Erklärung markierte einen entscheidenden Wendepunkt in der Haltung der Kirche, da sie den rechtlichen Druck und die gesellschaftlichen Normen der Zeit berücksichtigte. Nachfolgende Kirchenführer haben bekräftigt, dass die Mehrehe heute in der Kirche nicht autorisiert ist und die Mitglieder verpflichtet sind, monogame Beziehungen zu führen.

Klärung von Missverständnissen

Trotz der Einstellung der Polygamie bestehen weiterhin Missverständnisse über die Praxis und ihre vermeintliche Relevanz in der heutigen Zeit. Viele Menschen glauben fälschlicherweise, dass die Mehrehe weiterhin ein Grundsatz der kirchlichen Lehre ist. Die klare Position der Kirche ist jedoch, dass Monogamie heute der Standard für die Ehe ist und gegenteilige Behauptungen nicht die aktuellen Überzeugungen widerspiegeln.

Die Website der Kirche bietet umfassende Ressourcen, die ihre Position zur Polygamie klären und sowohl den historischen Kontext als auch das heutige Verständnis von Ehe innerhalb des Glaubens erläutern.

Schlussfolgerung: Polygamie und die Lehren der Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Mehrehe zwar eine bedeutende Rolle in der frühen Geschichte der Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage spielte, sie jedoch keine Voraussetzung für die Erhöhung im celestialen Reich ist. Die Lehren der Kirche betonen die Bedeutung monogamer Beziehungen und der in diesem Leben eingegangenen Bündnisse. Spekulationen über die Notwendigkeit der Polygamie im Himmel werden entmutigt, da der Fokus darauf liegt, gemäß den in diesem Leben festgelegten Geboten und Bündnissen zu leben.

Während die Mitglieder der Kirche danach streben, die Prinzipien von Liebe, Treue und Engagement zu wahren, blicken sie den ewigen Segnungen entgegen, die aus der treuen Einhaltung der Lehren des Erlösers resultieren. Letztendlich geht es bei der Verheißung der ewigen Ehe um die in diesem Leben geschmiedeten Bindungen, die über den Tod hinaus Bestand haben können, unabhängig von der ehelichen Struktur.


Diese Beiträge könnten dir auch gefallen: