Das Priestertum der Mormonen – wie Mormonen es verwenden und wie sie es erlangen

Wir haben in diesem Artikel das Priestertum der Mormonen behandelt, um Menschen dabei zu helfen, bestimmte Sachverhalte in Bezug auf Frauen und das Priestertum besser zu verstehen. „Mormonen“ ist ein Spitzname für Mitglieder der Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage.

Das Priestertum für den Dienst am Nächsten: Zwei Priestertumsträger geben einem Kirchenbruder einen Krankensegen.

Zwei Priestertumsträger geben einem Kirchenbruder einen Krankensegen.

Das Priestertum der Mormonen unterscheidet sich beträchtlich vom Priestertum der meisten anderen Religionen. Es ist keine bezahlte Stellung, und es ist auch keine Karrierechance. Nahezu jeder Junge oder Mann, der zwölf Jahre oder älter ist, trägt das Priestertum und erfüllt die dazugehörigen Pflichten, während er sein Privatleben mit Schule, Arbeit, Hobbys, Familienleben usw. weiterführt. Ein Priestertumsträger ist kein Priester, der sich um alle Belange seiner Kirchengemeinde kümmert.

Zu jedem Amt im  Priestertum gehören bestimmte Pflichten, und viele dieser Pflichten hängen  von der Berufung (eine unbezahlte Stellung in der Kirche) ab, die man innehat. Ein Bischof zum Beispiel, das Äquivalent zum Pastor, dient durchschnittlich etwa fünf Jahre in seinem Amt. Das tut er nebenberuflich und unbezahlt. Aus diesem Grund sind Aufgaben wie Gottesdienste abhalten, predigen und beten auf alle Kirchenmitglieder verteilt.

Der zwölfjährige Junge, der sein erstes Amt im Priestertum erhält, ist im Wesentlichen das Pendant zum katholischen Messdiener. Er trägt die Abendmahltabletts mit Brot und Wasser, welche von den Mormonen statt Hostie und Wein für die Kommunion verwendet wird, zu den Mitgliedern der Gemeinde. Er hat auch andere Pflichten und Aufgaben, auch wenn keine den Befugnissen eines Priesters der meisten Religionen gleichkommt. Die Pflichten und die Verantwortung nehmen mit dem Alter und entsprechenden Würdigkeitsvoraussetzungen zu. Die Ämter des Priestertums sind unten aufgelistet, zusammen mit dem Alter, ab welchem sie gewöhnlich übertragen werden. Bekehrt sich ein junger Mann erst später als zum nachgenannten Zeitpunkt zur Kirche oder ist er erst später dazu würdig, das Priestertum zu tragen, so kann er es auch noch empfangen, wenn er älter ist. Über die Links gelangen Sie zu einem Handbuch, dass die Pflichten und Segnungen jedes dieser Ämter erklärt. Die Ämter, die gewöhnlich von Teenagern bekleidet werden, sind Teil des Aaronischen Priestertums. Die von Erwachsenen bekleideten Ämter sind Teil des Melchisedekischen Priestertums.

Pflichten eines Diakons (zwölf bis dreizehn Jahre)

Pflichten eines Lehrers (vierzehn bis fünfzehn Jahre – der Titel bezieht sich nicht auf Lehrkräfte. Für manche Lehrkräfte ist kein Priestertum erforderlich.)

Pflichten eines Priesters (sechzehn bis siebzehn Jahre)

Älteste und Hohe Priester (Erwachsene)

Die rechtmäßige Ausübung des Priestertums

Das Priestertum, wie es von den Mormonen praktiziert wird, ist ein Auftrag zum Dienen. Wer das Priestertum trägt, wendet es an, um anderen Menschen zu dienen, nicht um persönliche oder zeitliche Gewinne für sich selbst zu erzielen. Zum Beispiel ist es Aufgabe eines Trägers des Melchisedekischen Priestertums, Kranke durch einen besonderen Priestertumssegen zu heilen. (Mormonen wird aber auch angeraten, traditionelle medizinische Hilfe zu suchen.) Allerdings kann ein Priestertumsträger sich nicht kraft seiner Vollmacht selber heilen. Er braucht mindestens einen, üblicherweise zwei Priestertumsträger, die an ihm die heilige Handlung der Krankensegnung vollziehen. Somit ist er also gegenüber einer Frau nicht im Vorteil, was den Zugang zum Priestertum betrifft. Beide müssen die Segnung von Priestertumsträgern erbitten. Der Priestertumsträger kann diese Vollmacht gebrauchen, um andere damit zu heilen, aber nicht, um sich selber zu heilen.

Zwei Heimlehrer bei ihrem monatlichen Besuch bei einer Familie ihrer Gemeinde. Um anderen zu dienen, nutzen Priestertumsträger das Priestertum.

Zwei Heimlehrer bei ihrem monatlichen Besuch bei einer Familie ihrer Gemeinde.

Priestertumsträger nutzen ihre Vollmacht in Gottes Namen zu handeln, um jedem zu helfen, der den Dienst benötigt. Das bedeutet, dass eine Person, die keinen Priestertumsträger zu Hause hat, ein Priestertumsträger, der eine Verordnung für sich selbst benötigt oder einer, der eine zweite Person zur Unterstützung braucht, einfach einen Priestertumsträger finden kann, der die Verordnung ausführt. Meistens wenden sie sich an die Heimlehrer. Jeder Familie werden zwei Heimlehrer zugeteilt, und jeder Mann ab vierzehn Jahren dient als Heimlehrer. Diese Heimlehrer besuchen die Familien jeden Monat, um eine kurze geistliche Botschaft zu übermitteln und eine Freundschaft zu der Familie aufzubauen. Sie sind die ersten, zusammen mit den Besuchslehrerinnen, die die gleiche Funktion für Frauen erfüllen, die gerufen werden, wenn die Familie irgendeine Art Dienst einschließlich der Priestertumsverordnungen braucht. Familienmitglieder können auch einen Verwandten, Missionare oder jeden anderen Priestertumsträger auswählen, an den sie sich wenden wollen.

Aus diesem Grund halten es wenige Frauen wirklich für notwendig, das Priestertum selbst zu tragen. Wichtig ist, dass wir Zugang zu den Verordnungen des Priestertums haben, nicht dass wir die Person sind, die es trägt. Wenn es auch für eine Frau frustrierend sein mag, jemanden anrufen zu müssen, um einen Priestertumssegen zu bekommen, müsste sie dies tun, auch wenn sie selbst das Priestertum hätte. Es ist wie immer beim Dienen: Jemand, der etwas zu essen braucht, muss nicht die Person sein, die es gekocht hat, damit sie es essen kann. Er oder sie muss nur auf das Mahl zugreifen können, das der Koch zubereitet hat. Auf die gleiche Art brauchen wir Zugang zum Priestertum, aber wir müssen nicht die Verordnungen ausführen.

Das Priestertum ist Dienst

Das Priestertum zu tragen und anzuwenden ist eine heilige Gelegenheit, aber es ist nicht die einzige heilige Gelegenheit, die Gott uns gegeben hat. Es gibt viele solcher Gelegenheiten, und jeder Mensch hat die Fähigkeit, viele verschiedene heilige Dienste auszuüben. Wenn ich einer Möglichkeit zu dienen gegenüberstehe, die ich nicht nutzen kann, sei es wegen Geschlecht, Alter, Standort, Zeit, Talent oder sogar Gesundheit oder Behinderung, denke ich einfach daran, dass es nicht um mich geht. Am Ende zählt, dass das Werk des Herrn getan wird. Jede Aufgabe, die mir der Herr zuweist, wie klein sie auch immer der Welt erscheinen mag, ist von unschätzbarem Wert für Gott und für sein Werk. Ich möchte dort dienen, wohin er mich sendet, und ich muss all meine Energie in die Berufungen stecken, die ich habe, anstatt mich auf Berufungen zu konzentrieren, die mir nicht gegeben wurden.

Eine meiner Lieblingsgeschichten im Buch Mormon handelt von einer Frau namens Abish. Die Geschichte, in der sie vorkommt, wird normalerweise als eine Geschichte über Ammon betrachtet, aber auf viele Arten ist es eigentlich ihre Geschichte, weil der wichtigste Teil davon nicht ohne ihren Mut und ihr Eingreifen geschehen wäre. Ihre Geschichte veranschaulicht meine obige Aussage.

Abish neben der Frau des ohnmächtigen Königs.

Abish neben der Frau des ohnmächtigen Königs.

Abish war eine Dienerin im Palast des Königs. Ammon, ein Prophet, hatte sich freiwillig gemeldet, für den König als Pfleger für die Tiere zu arbeiten. Sie war das einzige Mitglied der Kirche und die Umstände zwangen sie, ihr Zeugnis vom Evangelium geheim zu halten. Keiner wusste, dass sie eine Bekehrte war.

Ammon rettete die Schafe des Königs und bekam dadurch endlich die Möglichkeit, seine Evangeliumsbotschaft an den König weiterzugeben. Der Heilige Geist war während dieser Predigt so stark, dass der König ohnmächtig wurde. Alle außer seiner Ehefrau dachten, er sei tot. Sie wandte sich an Ammon, der ihr beistimmte, dass der König nicht tot sei und am nächsten Tag wieder aufstehen werde. Die Königin bekam ein Zeugnis vom Evangelium, und auch sie wurde durch die Macht der Anwesenheit des Heiligen Geistes im Raum ohnmächtig, ebenso wie Ammon selbst.

Abish, die Ammons Glaube teilte, blieb jedoch wach. Sie war Zeugin von Ammons Versprechen geworden und wusste, dass der Moment, in dem der König „ins Leben zurückkehrte“, ein mächtiges Werkzeug zum Missionieren sein könnte. Sie ging mutig ins Königreich und rief die Menschen in den Palast, um es zu bezeugen.

Zuerst lief die Sache nicht sehr gut. Die Menschen, die sich versammelten, dachten, es läge ein Fluch auf dem König und begannen Ammon furchtbar zu beschimpfen. Dies brachte Abish zum Weinen, denn sie dachte, sie habe einen schrecklichen Fehler gemacht. Jedoch kam die Königin wieder zu Bewusstsein, als Abish sie bei der Hand nahm, und sie begann zu Gott zu beten. Sie weckte ihren Ehemann auf, und er begann das Evangelium der Menge zu predigen, die Abish versammelt hatte. Obwohl einige Menschen wütend gingen, blieben andere, und diese Menschen wurden bekehrt und getauft. Abish wurde es endlich erlaubt, ihren Glauben öffentlich zu leben.

Ammon war der Sohn eines reichen Königs und reiste viele Jahre um in anderen Königreichen zu missionieren.

Ammon war der Sohn eines reichen Königs und reiste viele Jahre um in anderen Königreichen zu missionieren.

In dieser Geschichte war Ammon der Priestertumsträger und der Missionar. Er war es, der ursprünglich zugestimmt hatte, Hirte zu werden. Er war es, der die Schafherden des Königs rettete und die erste Missionarslektion lehrte. Trotzdem war es Abish, die die Bekehrung so vieler Menschen im Königreich möglich machte. In Wahrheit waren es zwei Nachfolger Christi, ein Priestertumsträger und eine Frau des Glaubens, die zusammenarbeiteten und diese erstaunliche Bekehrungsgeschichte möglich machten.

In der Bibel erfahren wir, dass Jesus, als er zum Haus des Jairus ging, um dessen Tochter zu heilen, die für tot gehalten wurde, die Spötter und Zweifler das Haus verlassen hieß. Nur er, einige seiner Apostel und Jairus und dessen Ehefrau waren im Raum, als das Kind geheilt wurde. Der Leitfaden, den Lehrer für kleine Kinder benutzen, erklärt die Geschehnisse auf diese Weise:

„Warum war Jesus in der Lage Jairus’ Tochter zu heilen? (Er hatte das Priestertum; die Eltern des Mädchens hatten Glauben)“ (PV-Leitfaden 2: Wähle das Rechte, Lektion 16)

Diese Bemerkung weckte dieses Jahr meine Aufmerksamkeit, als ich die Lektion lehrte. Im Unterricht ließ ich die Kinder eine Hand hochhalten und sagen „Jesus hatte das Priestertum.“ Sie hielten die andere Hand hoch und sagten „Die Eltern hatten Glauben.” Dann brachten sie beide Hände gemeinsam nach oben und sagten, „Jairus’ Tochter stand auf.“ (Ich ließ sie aufstehen. Ich erklärte, dass das Priestertum von Jesus und der Glaube der Eltern zusammenarbeiteten und so das Kind retteten.

Jesus und die Tochter des Jairus. Durch das Priestertum und seine Macht erweckte Jesus sie von den Toten.

Jesus und die Tochter des Jairus.

Diese Geschichte veranschaulicht, wie einflussreich die Verbindung eines Mannes mit dem ihm übertragenen Priestertum ist.  Eine Mutter, die ihren Ehemann und einen anderen Priestertumsträger dabei beobachtet, wie sie einen Krankensegen geben, kann stolz darauf sein, dass ihr Mann die Verpflichtung eingegangen ist, eine so wichtige Verordnung würdig auszuführen. Zur gleichen Zeit ist sie nicht nur passive Zuschauerin. Ihre Aufgabe ist es, ihren Glauben und ihre Gebete in diesem Moment einzubringen, genau wie es die Eltern von Jairus’ Tochter taten. Sie hatten das Priestertum vielleicht nicht, aber ihr Glaube war ein wichtiger Beitrag zur Heilung ihrer Tochter. Sogar Jesus verließ sich auf diesen Glauben, um die Verordnung zu vollenden. Wieviel mehr verlässt sich ein Mormone auf den Glauben seiner Ehefrau oder einer anderen Person, die der Verordnung beiwohnt?

Alle Mormonen haben Zugang zum Priestertum. Tatsächlich haben sogar Menschen, die keine Mormonen sind, Zugang zu einigen dieser Verordnungen. Zwar ist die Fähigkeit das Priestertum zu tragen eine wertvolle und heilige Möglichkeit, Gott zu dienen, doch ist jede Möglichkeit Gott zu dienen wertvoll und heilig. Mein Ziel ist es, mehr an Gott zu denken und weniger an mich selbst. Es macht nichts aus, wo ich diene. Nur, dass ich es tue.


Dieser Beitrag wurde aus dem Englischen übersetzt von Tanja Kraft. Er erschien im Original auf ldsblogs.com.

Wenn Sie weitere Informationen über Mitglieder der Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage erhalten wollen, besuchen Sie einfach die offiziellen Webseiten der Kirche: mormon.org und lds.org.