Habt ihr schon einmal einen Tempel der Mormonen gesehen? Dann habt ihr euch doch bestimmt gefragt, was darin geschieht. Vielleicht habt ihr auch irgendwelche Gerüchte darüber gehört, was für „seltsame” und „mysteriöse” Rituale dort durchgeführt werden. Ich bin als Mitglied der Kirche Jesu Christi aufgewachsen – und ich habe sie alle schon gehört. Und es stimmt, manche Rituale sind vielleicht ein bisschen…seltsam.

Es gibt viele Missverständnisse in Bezug auf die Tempel der Mormonen – darunter auch, dass es ein großes Geheimnis sei, was in den Tempeln geschieht. Aber das Gegenteil ist der Fall: Auf der offiziellen Homepage der Kirche gibt es einen eigenen Abschnitt, in dem Fragen zum Tempel beantwortet werden und dazu, was man in Tempeln tut. Ich möchte daher nicht alle Fragen zum Tempel noch einmal durchgehen; es gibt so viele andere Quellen, die das tun (siehe die Linkliste am Ende). Stattdessen würde ich gerne hier über meine eigenen persönlichen Erfahrungen im Tempel berichten und von den Segnungen, die mir diese Erfahrungen sind.

Die Teilnahme an der Taufe für Verstorbene

Meine ersten Erfahrungen im Tempel gehen auf die Zeit zurück, als ich 12 Jahre alt war und mit meiner Jugendgruppe hineinging, um „Taufen für Verstorbene” im Tempel in Orlando, Florida, durchzuführen. Um irgendwelchen komischen Ideen zuvorzukommen: Wir taufen dort keine Leichen (manchmal hört man dieses Gerücht). Wir werden stellvertretend für unsere Vorfahren getauft, die ohne diese heilige Handlung gestorben sind. Und diejenigen, die im Jenseits warten, können dann annehmen oder ablehnen.

Ein Tempel der Mormonen in Orlando, Florida.

Über diese erste Erfahrung weiß ich nicht mehr so viel, aber ich erinnere mich an das starke Gefühl, dass das, was ich tat, richtig sei. Als ich aus dem Wasser stieg, verstand ich zum ersten Mal, was Obadja, der Prophet aus alter Zeit, meint, als er in Obadja 1:21 sagt: „Befreier ziehen auf den Berg Zion”. Christus lehrte, dass die Taufe eine Bedingung für die Errettung ist (Johannes 3:5). Und weil er ein gnädiger und liebender Gott ist, ermöglicht der Herr sie auch denjenigen, die nichts dafür können, dass sie auf Erden nie getauft wurden. Er hat sowohl damals schon als auch heute erlaubt, dass dies stellvertretend getan wird. Welch große Ehre und Verantwortung ist es doch, an heiligen Handlungen teilnehmen zu dürfen, die wortwörtlich die Errettung eines anderen ermöglichen. In Tempeln wird also Seite an Seite mit dem Herrn gearbeitet, um seine Kinder zu erretten.

Mein Endowment

Einige Jahre und Jugendfahrten später ging ich in Washington D.C. in den Tempel – allerdings zu einem anderen Zweck: um mein Endowment zu empfangen. Beim Endowment handelt es sich um eine schlichte und wunderschöne symbolische Handlung, bei der wir über den Sinn des Lebens, die Mission und das Sühnopfer Jesu Christi und den Plan des Vaters im Himmel für seine Kinder belehrt werden. Als Teil dieser heiligen Handlung schließen wir Bündnisse, seine Gebote zu halten und unser Leben gemäß seinem Plan zu führen. Wir erhalten dafür einen winzig kleinen Einblick, wie es sein wird, in seiner Gegenwart zu leben, indem wir von den verschiedenen Verordnungsräumen in den celestialen Raum gehen (Bilder aus dem Inneren eines Tempels).

 

Eine glückliche Familie vor einem Tempel der Mormonen.

Ich werde das Gefühl, das ich hatte, als ich aus dem Verordnungsraum kam und meine lächelnden Eltern sah, die auf mich im celestialen Raum warteten, nie vergessen. Ich wurde von meinen Gefühlen übermannt, als ich sie in den Arm nahm und über die Symbolik des Ganzen nachdachte – nämlich, dass ich eines Tages durch Gottes Gnade und das Sühnopfer Jesu Christi von diesem Leben zum nächsten Leben gehen und dort meine Lieben wiedersehen würde, die auf meine Ankunft auf der anderen Seite warten. Dort könnte ich mit ihnen in Ewigkeit in Gottes Gegenwart leben. Im Tempel lernen wir also, was wir erreichen können und verpflichten uns dazu, nach Gottes Plan zu leben.

Die Siegelung an meine Familie

Als Erwachsener war ich schon häufig im Tempel, um an weiteren heiligen Handlungen teilzunehmen, darunter auch an stellvertretenden Endowments für meine verstorbenen Vorfahren. Zwei der mir wertvollsten Erfahrungen habe ich jedoch durch die Siegelung gemacht. Als meine Frau und ich im Februar 2011 im St.-Louis-Missouri-Tempel für Zeit und Ewigkeit gesiegelt wurden (also heirateten), nahm ich zum ersten Mal direkt an einer Siegelung teil. Nachdem die Adoption unserer lieben Tochter letzten Januar abgeschlossen war, gingen wir mit ihr zum Houston-Tempel in Texas, um als Familie aneinander gesiegelt zu werden.

Ein gerade aneinander gesiegeltes Ehepaar küsst sich, im Hintergrund ist ein Tempel der Mormonen zu sehen.

Während der Siegelung kniete ich mit der Liebe meines Lebens an einem Altar, und wir schlossen weitere Bündnisse, während ich ihre und die Hand meiner Tochter hielt. Dafür wurde uns das Versprechen gegeben, dass wir, wenn wir den Bündnissen, die wir miteinander und mit Gott an diesem Tage geschlossen haben, treu und standhaft blieben, sowohl in diesem als auch im nächsten Leben als Familie zusammenbleiben würden. Keine andere Erfahrung, die ich in meinem bisher kurzen Leben gemacht habe, lässt sich mit der Freude vergleichen, die ich während dieser beiden Erfahrungen verspürte. Zu wissen, dass nicht einmal der Tod mich von meiner Familie trennen kann, ist einer der größten Segen und der größte Trost; einer, von dem ich und andere, die den Tempel besuchen, sich wünschen, dass alle ihn empfangen. Schlussendlich ist das der Hauptgrund, weshalb wir Missionare überall hinschicken, um diese Botschaft des wiederhergestellten Evangeliums zu verkünden.

Ein junges Ehepaar mit Baby vor einem Tempel der Mormonen.

Im Tempel werden Familien verbunden, so dass sie auf ewig glücklich zusammen sein können.

Weitere Informationen:


Der Beitrag wurde aus dem Englischen übersetzt und am 19.1.16 auf aggielandmormons.org veröffentlicht. Der Autor ist Joseph Harrison. Übersetzt von Kristina Vogt.