Wie kann ich es schaffen, mich in der Weihnachtszeit auf Christus zu konzentrieren?
Weihnachten steht vor der Tür. Draußen ist es kalt – drinnen läuft die Heizung. Draußen ist es dunkel – drinnen leuchtet fröhlich der Weihnachtsbaum. Doch was feiert man an Weihnachten eigentlich? Für Christen eine vermeintlich leichte Frage; doch draußen in der Welt hat man die Antwort mancherorts scheinbar vergessen. Wird die Geburt Jesu gefeiert? Oder der Weihnachtsmann? Was lag damals eigentlich in der Krippe? Das Christkind – oder vielleicht doch ein Geschenk? Geht es an Weihnachten um Liebe und Hoffnung? Oder um Konsum?
Die Zeit der Liebe und Besinnlichkeit ist in der Realität häufig das Gegenteil. In den Geschäften geht es kurz vor Weihnachten meist alles andere als besinnlich zu. Jedenfalls hört man es so aus den Medien und in Gesprächen mit Bekannten. Ich selbst versuche jedoch, den Gang in die heiligen Hallen des Konsums um jeden Preis zu meiden – und kann daher nur wenig aus eigener Erfahrung darüber sagen. Aber wenn es stimmt, was man hört, dann füllen Stress und Zeitdruck die Herzen der Menschen, sodass meist nur wenig Raum für Liebe und Geduld bleibt.
Was würde der Fürst des Friedens wohl über die vielen Menschen in den Schlangen vor den Supermarktkassen und in den Autos im Stau denken, die ihren Vordermann nur als Hindernis auf dem Weg nach Hause – und nicht als ihren Nächsten – wahrnehmen und für diesen nicht mehr übrig haben als ein paar üble Gedanken und lieblos ausgesprochene Worte?
Ich denke, wir könnten uns schnell darauf einigen, dass unser Weihnachten häufig nicht das ist, was es sein sollte. Wir alle wissen, dass es um Menschen gehen sollte – nicht um Dinge. Dass unsere Zeit mit und im Dienst von unserem Nächsten den wahren Wert dieser besonderen Festtage bestimmt – und nicht das Preisschild an unseren Geschenken. Und eigentlich haben wir auch alle den Wunsch, Christus in den Mittelpunkt unserer Weihnacht zu stellen. Wir sehnen uns nach Ruhe, nach Geborgenheit und einer wahrhaft heiligen Nacht. Doch wie können wir es schaffen, uns inmitten von Trubel und Lärm auf Christus zu konzentrieren? Darum geht es hier.
Zur Ruhe kommen
Wer viel auf der A40 durchs Ruhrgebiet unterwegs ist, der hat vielleicht schon einmal den wunderbaren Ratschlag „Komm zur Ruhr“ an einer Brückenunterführung gelesen. (Die Ruhr ist ein 219 Kilometer langer Fluss, der sich durch das südliche Ruhrgebiet schlängelt und diesem seinen Namen gibt.) Unser modernes Leben zeichnet sich durch Hektik aus. Obwohl unsere Arbeitstage, historisch betrachtet, immer kürzer werden, haben wir gefühlt immer weniger Zeit. Deswegen ist es so wichtig, dass wir an Weihnachten innerlich zur Ruhe kommen und unser Leben nicht noch weiter beschleunigen. Ein Spaziergang entlang der Ruhr könnte dabei tatsächlich helfen.
Aus dem Alten Testament wissen wir, dass der Geist Gottes nicht mit einer Stimme des Donners, sondern mit einem leisen Flüstern zu uns spricht (1. Könige 19:12, Hiob 26:14). Wenn es um uns und in uns laut und chaotisch ist, werden wir die leisen Einflüsterungen des Heiligen Geistes nicht vernehmen können. Nun ist es aber leider so, dass gerade der Heilige Geist derjenige ist, der unsere Gedanken und Gefühle wahrhaft auf Christus fokussieren kann. Ohne den Heiligen Geist wird jeder Gedanke an Christus zu Weihnachten inhalts- und bedeutungslos bleiben. Wir müssen also Wege finden, um die Interferenzen in unserer Umgebung, die zu Störgeräuschen in unserer geistigen Leitung in den Himmel führen, so gut es geht zu eliminieren.
Störungen aus der Welt unterbinden
Zunächst müssen wir die (weltlichen) Störungen identifizieren, um zu wissen, was wir überhaupt unterbinden sollen. Die meisten von uns müssen bis kurz vor Weihnachten arbeiten, studieren oder in die Schule gehen. Das ist aber auch an jedem anderen Tag im Jahr so. Diese „Störung“ ist demnach nicht spezifisch für die Weihnachtszeit und die meisten werden dafür bereits eine Art „Lösung“ gefunden haben. Was an der Weihnachtszeit besonders ist, sind die Weihnachtsfeiern, die Weihnachtsmärkte, die Adventskalender, die Erwartungen der Freunde und Familie und natürlich – die Geschenke. An und für sich sind diese Dinge nichts Schlechtes. Sie waren ursprünglich sogar dafür gedacht, den besonderen Geist der Weihnacht einzuladen – nicht zu verdrängen. Aber wenn sie nicht als Mittel zum Zweck, sondern selbst zum Zweck der Weihnachtszeit erhoben werden, läuft etwas schief.
Geschenke
Schauen wir uns das Beispiel der Geschenke einmal etwas genauer an. Die Idee dahinter ist wirklich schön. Weihnachtsgeschenke sind in ihrer besten Form Abbild und Zeichen für das größte Geschenk, das ein jeder von uns je bekommen hat: Jesus Christus. Ein Geschenk von Gott für uns. Ein Geschenk gegeben aus Liebe – nicht Pflicht oder Druck. Wie wäre es, wenn unsere Weihnachtsgaben auf dieses erste Geschenk verweisen, indem sie tatsächlich aus Liebe gegeben werden, Liebe beinhalten und die Liebe zwischen uns und den Beschenkten wachsen lassen?
Ich denke, ein jeder von uns kennt es: Weihnachten naht. Und an Weihnachten gibt man nun einmal Geschenke. Aber wem sollte ich eigentlich etwas schenken? Oder vielleicht noch wichtiger: Wer erwartet vielleicht ein Geschenk von mir? Wir wollen schließlich niemanden enttäuschen. Erstreckt sich das Schenken bloß auf die engsten Familienangehörigen oder auch auf den Freundeskreis? Und was ist bloß mit den Geschwistern in der Gemeinde? Stress. Und die Frage aller Fragen, was man denn nun schenken soll, ist damit noch gar nicht gestellt.
Das Schenken ist mittlerweile ein derart integraler Bestandteil von Weihnachten geworden, dass sich eine regelrechte Pflicht zum Austausch von mal kleineren und mal größeren Aufmerksamkeiten in der Gesellschaft etabliert hat. Wir müssen schenken: Wir müssen Geschenke geben, die wir nicht geben wollen und wir müssen Geschenke empfangen, die wir eigentlich gar nicht empfangen wollen. Beides führt zu Stress und Unzufriedenheit. Absurd – denn diese Folgen laufen der Idee hinter dem Schenken völlig zuwider.
Dabei ließe sich dieser Zirkel des weihnachtlichen Elends leicht durchbrechen. Wir müssten dafür nur unsere Einstellung ändern: Keine Geschenke mehr erwarten und dann auch nicht beleidigt sein, wenn keine kommen. Dadurch würde der immense Druck von unseren Schultern fallen und es wird uns auf einmal möglich, Geschenke wahrhaft freiwillig zu geben. Die Anzahl der Geschenke würde sich wahrscheinlich verringern, aber ihr (emotionaler) Wert deutlich zunehmen. Geschenke würden wieder etwas bedeuten und etwas über die Beziehung zur anderen Person aussagen. Wir könnten wieder aus Liebe schenken.
Zeit finden
Der zugegebenermaßen etwas abgedroschene Spruch „Ich schenke Zeit“ hat einiges für sich. Anstatt das Schenken gänzlich einzustellen, könnte man auf das Geben materieller Objekte verzichten. Doch was könnte ihren Platz einnehmen? Dinge, die man nicht anfassen, nicht in den Schrank stellen und nicht verstauben lassen kann: schöne Erinnerungen, eindrückliche Erlebnisse und zusammen verbrachte Zeit zum Beispiel. Diese Art von Geschenken vermag es, die Beziehungen zwischen zwei Menschen zu stärken. Aber natürlich sind pauschale Antworten auch hier nicht möglich. Es kann durchaus sein, dass ein materielles Objekt als Mittel zu tollen Erlebnissen und beziehungsstärkenden Erfahrungen dienen kann.
Eins meiner Lieblingsweihnachtsgeschenke habe ich letztes Jahr bekommen: einen GPS-Fahrradcomputer. Eigentlich nur ein Objekt – ein Ding. Aber dieses Ding hat es mir ermöglicht, auf unzählige Abenteuer in der Natur völlig fremder (und heimischer) Gegenden zu gehen. Das tolle an diesem Geschenk war nicht der Fahrradcomputer, sondern die atemberaubenden Erlebnisse, die mir dadurch zugänglich wurden – ob auf Tour im Siebengebirge mit meiner Frau oder alleine im Münsterland, beim Bahntrassenradeln im Ruhrgebiet oder beim Erklimmen steiler Gebirgspässe in den österreichischen Alpen. Ihr merkt: Ganz so pauschal lassen sich gute von schlechten Geschenken nicht trennen.
Zeitfresser
Aber zurück zum Thema „Zeit“. Wer Zeit verschenken möchte, der muss Zeit haben. Nun ist Zeit leider begrenzt. Auf 24 Stunden am Tag, 168 Stunden die Woche und so weiter. Wie oben bereits angemerkt, haben wir alle – subjektiv gesehen – immer weniger Zeit. Um Zeit zu haben, müssen wir also Zeit machen. Praktischerweise entfällt bei einem immateriellen Geschenk bereits die Zeit im Laden, um es auszusuchen, zu finden und zu kaufen. Diese Zeit können wir in die Menschen um uns herum investieren.
Doch auch Dinge, die eigentlich und unter anderen Umständen gut sind, können uns wertvolle Zeit rauben: Zig Weihnachtsfeiern und unzählige Weihnachtsvideos, -GIFs und -instagramposts zum Beispiel. Wenn wir nicht aufpassen, können wir von dieser endlosen Masse an Nettigkeiten und Grüßen erschlagen werden – weshalb immer mehr Menschen zu Weihnachten den Stecker ziehen und sich für ein paar Wochen aus den sozialen Medien verabschieden.
Nehmen wir einmal den glücklichen Fall an, dass es uns tatsächlich gelingt, etwas zeitlichen Spielraum in der Weihnachtszeit zu schaffen. Was dann? Womit sollen wir die Zeit jetzt füllen? Auch wenn das X in X-mas offiziell für Christus steht, wird es heute von den meisten Menschen wohl eher dafür benutzt, um Christus aus ihrem Weihnachten zu streichen und durch einen anderen Fokus zu ersetzen.
In der Mathematik steht X häufig für eine Variable – einen Platzhalter, der nach Belieben besetzt werden kann. Es liegt an uns zu entscheiden, wie wir diesen Platz füllen möchten. In der Welt nimmt zumeist Konsum diese Stelle ein, die ursprünglich für Christus reserviert gewesen war. Ich schlage hingegen vor, dass wir bei der Neubesetzung nicht allzu kreativ werden, sondern einfach das nehmen, was dort schon vorher stand: Christ(us). Wir feiern Christus. Seine Geburt. Den Anfang seines unvergleichbaren Lebens und die Bedingung der Möglichkeit für sein ewiges Sühnopfer.
„Dies ist die ‚große Freude‘, die wir zu Weihnachten feiern – nicht nur die Geburt Christi, sondern auch, dass er unter uns lebte, sein Leben für uns hingab, auferstand und schließlich das Werk, das sein Vater ihm aufgetragen hatte, zu Ende führte. Wir freuen uns, weil sich die chaotische Unordnung in der Welt durch die Verheißung eindämmen lässt, die uns ganz zu Beginn gegeben wurde – die Verheißung, die sich mit dem Sühnopfer Jesu Christi erfüllt hat. Deshalb gehört zur Fülle der Weihnachtsgeschichte auch das, was zu Ostern geschehen ist. Es war das Sühnopfer des Heilands, das die stille Nacht in Betlehem in eine heilige verwandelte. Es war sein Geschenk, die Erlösung, die uns in der vorirdischen Welt zum Jubeln veranlasst hat – ein Geschenk, das uns von Krankheit heilt, uns das Augenlicht wiedergibt und uns die Tränen abwischt.
Das Licht, das uns zu Weihnachten so gut gefällt, geht vom Licht der Welt aus, von Jesus Christus. Die Geschichte, die wir zu Weihnachten so schätzen, handelt vom Plan des Vaters für unser Glücklichsein, das Christus möglich gemacht hat. Das Geschenk, das die Weihnachtszeit heilig macht, ist sein Leben, das er hingegeben hat, damit wir immerwährendes Leben haben können. Mögen wir dieses Geschenk annehmen und seine Liebe und sein Evangelium der ganzen Welt weitergeben, besonders während dieser wunderbaren Weihnachtszeit.“
Craig C. Christensen
Neue Traditionen (er)finden
Nun eine Einladung und ein Rat: Sprecht mit euren Angehörigen und Freunden. Sprecht darüber, wie ihr euch eine bedeutsame Weihnachtszeit vorstellt, auf die man sich wirklich das ganze Jahr über freuen kann. Die Chancen stehen gut, dass deine Bekannten und Verwandten von der ewigen Suche nach passenden Geschenken und dem Versenden obligatorischer Weihnachtsgrüße ebenso gestresst sind wie du. Wenn niemand daran Freude findet, dann lasst es bleiben. Etabliert neue Weihnachtstraditionen, die euch tatsächlich Freude bringen, in Liebe zueinander stärken und euren Fokus auf die Person lenken, die alles erst möglich gemacht hat: Jesus Christus. In etwas altmodischerer Sprache lässt sich dieser Rat sogar in den Heiligen Schriften finden:
„Darum gebt nicht Geld hin für das, was ohne Wert ist, noch eure Arbeit für das, was nicht zufrieden machen kann. Hört eifrig auf mich, und denkt an die Worte, die ich gesprochen habe; und kommt zum Heiligen Israels und labt euch an dem, was nicht zugrunde geht noch verdorben werden kann, und lasst eure Seele an Fettem sich erfreuen.“ (2 Nephi 9:51)
Zum Schluss möchte ich – wie es jeder gute Weihnachtsartikel tun sollte – noch einmal auf den Grund für die Weihnachtszeit verweisen. Dieser Grund ist schon seit weit mehr als 2000 Jahren bekannt – und gerät leider langsam in Vergessenheit:
„Denn ein Kind wurde uns geboren, ein Sohn wurde uns geschenkt. Die Herrschaft wurde auf seine Schultern gelegt. Man rief seinen Namen aus: Wunderbarer Ratgeber, Starker Gott, Vater in Ewigkeit, Fürst des Friedens.“ (Jesaja 9:5)
Christus macht Weihnachten erst zu Weihnachten. Ohne ihn ist es nichts weiter als ein Austausch von Geschenken. Er macht Weihnachten erst möglich. Und er sollte auch weiterhin der Mittelpunkt dieser Festtage bleiben.
Über den Autor:
Urs Wrenger machte seinen Abschluss in Philosophie und Germanistik an der Ruhr-Universität Bochum. Er versucht, die Philosophie als konstruktive Disziplin in der Gesellschaft zu reetablieren und auch für religiöse Themen produktiv zu machen. Wenn Urs nicht gerade liest, geht er wandern, fährt Fahrrad oder genießt Rock ‘n’ Roll aus den 60er- bis 90er-Jahren.
Dieser Artikel darüber, wie wir Weihnachten (wieder) Christus weihen können, wurde von Urs Wrenger verfasst und am 23.12.2021 auf treuimglauben.de veröffentlicht.
Wenn Sie mehr über die Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage (Mormonen) wissen möchten, dann besuchen Sie einfach eine der offiziellen Webseiten der Kirche: kommzuchristus.org und kirche-jesu-christi.org.