Aus dem Englischen übersetzt. Im Original von Kelly P. Merrill auf ldsblogs.com.

Wir sprechen von einem unbegrenzten Opfer, um das sich der ganze Evangeliumsplan dreht. Nur selten sprechen wir über die Gnade, die Teil des Sühnopfers ist. Manchmal gehen wir mit dem Sühnopfer fast so um, als ob man es uns schuldig wäre. In Wahrheit ist es aber so, dass wir niemals etwas tun können oder könnten, das einem Geschenk wie dem des sühnenden Opfers Christi gleichkäme. Darum ist es der höchste Ausdruck von Liebe. Diesem großartigsten Kind Gottes wurde alles abverlangt, um den Preis für die Sünden aller Kinder Gottes zu bezahlen.
Seine Liebe endete nicht mit dem Opfer in Gethsemani und am Kreuz. Das Opfer, das er brachte, war nur der Anfang seiner Güte und Hingabe gegenüber Gottes Kindern. Gethsemani schuf die Voraussetzungen für all das, was für jeden von uns noch kommen sollte.

Ich habe im Internet viele Gespräche mit Mitgliedern der Kirche geführt, die frustriert sind. Sie behaupten, dass wir uns in der Kirche zu stark auf Werke konzentrierten und uns nicht genug mit der Rolle der Gnade Christi bei der Errettung befassten. Ich störte mich zwar daran, aber ich wusste nicht, was ich diesen Leuten sagen konnte. Ich dachte mir daher, dass es wohl an der Zeit sei, etwas tiefer zu schürfen, um diesen Bedenken auf den Grund zu gehen.

Im Internet findet man eine nahezu überwältigende Anzahl von Definitionen von Gnade, Rechtfertigung und Heiligung. Und dabei handelt es sich nicht um die Anwendung von Lehre, sondern nur um Definitionen. Ganze Religionen werden voneinander abgegrenzt aufgrund dessen, wie sie die Definition und die Anwendung von Gnade behandeln, wie sie die Möglichkeiten der Rechtfertigung und Heiligung vor Gott sehen. Es ist sehr verwirrend. Kein Wunder gibt es da draußen herzlich wenig Übereinstimmung, wenn es darum geht, als was man denn Gnade und ihre einzelnen Bestandteile betrachten soll.

Jesus Praying in Gethsemane

Hier werde ich daher nur die Definitionen von Gnade, Rechtfertigung und Heiligung verwenden, welche die Führer unserer Kirche verwenden. Denn dafür werden wir uns eines Tages verantworten müssen. Das Thema Gnade ist so umfangreich, dass auch das Sühnopfer selbst darin beinhaltet ist. Dieser Artikel wird sich nicht gänzlich mit dem Thema befassen können. Ich hoffe, dass Sie, wenn Sie diese Artikel (alleTeile) gelesen haben, ein besseres Verständnis davon haben werden, wie wir Gnade sehen und wie wir sie in unserem Leben anwenden.

Es wird auch um Details zum Thema Gnade gehen. Die Antworten werden nicht erschöpfend sei, aber hoffentlich so aufschlussreich, dass Sie damit zufrieden sind. Im nächsten Teil des Artikels werde ich weitere Fragen beantworten. Im letzten Teil werde ich eine Zusammenfassung des Themas geben und darauf eingehen, wie sich alles in unserem Leben anwenden lässt.

Fragen zu Gnade

Was ist Gnade?

In unserem Bibellexikon wird Gnade als Macht, die Fähigkeiten verleiht, definiert. Auf Gnade bezieht man sich oft auch im Zusammenhang mit seiner Macht zu heilen. Es wird erwähnt, dass Gnade eine besondere Gunst ist, die Gott seinen Kindern erweist. Sie ist unverdient und wird freigiebig gegeben, ohne dass erwartet wird, dass man dafür würdig ist. Betrachtet man Gnade im Bezug zum Sühnopfer, ist das in der Tat genau richtig. Andere wiederum denken, dass wir Glauben ausüben müssen, um Gnade oder Gunst von Gott zu erfahren.

Als Heilige der Letzten Tage wissen wir, dass Glaube nicht ohne bewusste Bemühungen existiert. Wir glauben daran, dass Gott uns Gaben und Gunst gewährt, wenn wir ein gläubiges Leben führen; das bedeutet, dass wir uns anstrengen müssen. Später mehr dazu. In einer Ansprache bei der Generalkonferenz im Oktober 2003 sprach Elder Christoffel Golden jr. über das Thema Gnade. Folgendes Zitat stammt aus dieser Ansprache. Dieses Zitat veranschaulicht die Notwendigkeit des Zusammenspiels von Gottes freiwillig angebotenem Geschenk des göttlichen Beistands und der Notwendigkeit unserer eigenen Anstrengung, um dieses Geschenk zu erhalten.

Elder Christoffel Golden jr. anlässlich einer Generalkonferenz der Kirche.

“Vor ein paar Jahren berichtete Präsident David O. McKay (1873-1970) von einer Begebenheit, die den Zusammenhang von Werken und Gnade veranschaulicht. Er erzählte von einer Gruppe Jungen; sie lernten gerade schwimmen, als einer der Jungen in ein tückisches Loch in der Strömung geriet. Hätte er nicht einen geistesgegenwärtigen Freund dabei gehabt, der ihn mit Hilfe eines Astes zurück ans Ufer holte, wäre der Junge ertrunken.

Es gibt diejenigen, die behaupten, dass niemand untergehen und verloren gehen wird, solange er nur zu Jesus aufschaut, der am Ufer steht, und dann sagt ‘Ich glaube’. Dann gibt es welche, die sagen, dass jeder sich nach eigenen Kräften bemühen muss, ans Ufer zu schwimmen, oder andernfalls verloren geht. In Wahrheit sind jedoch beide dieser extremen Sichtweisen falsch. Christus erlöste alle Menschen von dem Tod, der ohne ihr eigenes Verschulden über sie gekommen ist. Er wird jedoch keinen von seinen persönlichen Übertretungen erretten, der sich nicht selber bemüht, ebenso wie auch der junge Retter am Flussufer den ertrinkenden Jungen nicht hätte retten können, wenn dieser nicht die ihm angebotene Hilfe angenommen hätte. Auch die Menschen können sich nicht erretten, wenn sie nicht die Mittel annehmen, die Christus zur Errettung der Menschen anbietet.”

Woher kommt Gnade?

Lasst uns mal etwas zurück gehen und uns den Zustand anschauen, in dem wir uns ohne die Gnade befänden. Dadurch, dass wir auf die Erde kamen und Sünden begehen, indem wir Gottes Gebote oder Gesetze brechen, schnitten wir uns selbst für die Ewigkeit von der Gegenwart Gottes ab. Denn Gott “kann nicht mit dem geringsten Maß von Billigung auf Sünde blicken” (LuB 1:31), wodurch wir keine Möglichkeit mehr haben, nach Hause zurück zu kehren. Ohne göttliches Eingreifen stünde uns eine Ewigkeit als Engel des Teufels bevor (2. Nephi 9:9).

Aber Gott ist gnädig und liebt uns. Deshalb gab er seinen Sohn. Gottes Gnade oder heilende Kraft bestand darin, dass er uns seinen Sohn Jesus, den Gesalbten (Christus oder Messias), sandte. Ihr gemeinsames Geschenk war das Sühnopfer, das durch Christus bewirkt wurde; sein Opfer steht im Mittelpunkt des Erlösungsplanes. Durch seinen Teil des Sühnopfers zahlte er den Preis für die Sünden aller Kinder Gottes; er erfüllte damit die Forderungen der Gerechtigkeit, dass jemand, der ein Gebot bricht, bestraft werden muss, um den Preis für das gebrochene Gesetz zu bezahlen. Christus hat den Preis für uns bezahlt und erkaufte dadurch gewissermaßen unsere Seele.

Anders ausgedrückt, hat er nun das Recht zu entscheiden, was mit uns nach unserem Tod geschieht. Am Anfang seiner Gnade und Güte stand, dass er für unsere Sünden litt. Gnade kommt also dadurch ins Spiel, dass Christus jedem von uns Barmherzigkeit anbietet – die Fähigkeit, von unseren Sünden umzukehren, was wir ohne sein Sühnopfer für uns nicht könnten.

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Dank der Gnade Jesu Christi werden alle auferstehen und für immer leben (siehe 1 Korinther 15:20-22; 2 Nephi 9:6-13).

Christus kann nun, nachdem alle Bedingungen der ewigen Gesetze erfüllt sind, uns die Tür oder das Tor öffnen und uns auf den rechten Weg zu Gott zurückbringen. Seine Gnade besteht darin, dass er uns alles gibt, was wir brauchen, um zu werden wie er, so dass wir, wenn wir zurückkehren, um von ihm gerichtet zu werden, uns in seiner Gegenwart wohl fühlen, weil wir ihm ähnlich geworden sind. Dass es möglich ist, dass wir unsere Persönlichkeit und unsere Wünsche verändern, kommt durch seine Gnade. Jede geistige oder emotionale Wunde kann durch seine Gnade geheilt werden, jede Schwäche kann ausgeglichen und zu einer Stärke gemacht werden. In Ether 12:27 erfahren wir, dass die Schwächen derjenigen, die Glauben an Christus ausüben, durch die Macht Christi – seine Gnade – zu Stärken gemacht werden können.

“Und wenn Menschen zu mir kommen, so zeige ich ihnen ihre Schwäche. Ich gebe den Menschen Schwäche, damit sie demütig seien; und meine Gnade ist ausreichend für alle Menschen, die sich vor mir demütigen; denn wenn sie sich vor mir demütigen und Glauben an mich haben, dann werde ich Schwaches für sie stark werden lassen.” – Ether 12:27

Diese Macht, uns zum Vater zurück zu bringen, ist laut den Schriften für all diejenigen wirksam, die Glauben an ihn ausüben. Gottes Gnade, seine Gunst und Hilfe, die wir uns nicht verdienen mussten, können wir im ganzen Evangeliumsplan sehen. Wir stehen wahrhaftig in ihrer Schuld für all das, was sie für uns getan haben; sie taten es, weil sie uns lieben und nicht, weil wir irgend etwas getan hätten, das ihrer Hilfe wert war.


Wenn Sie mehr über die Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage lernen wollen, dann besuchen Sie einfach eine der offiziellen Webseiten der Kirche: mormon.org oder lds.org.