Glauben Mitglieder der Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage (fälschlicherweise als Mormonen bekannt) an Errettung durch Gnade oder Taten? Diese Frage beantworten wir im dritten Video unserer Serie Mythen & Fakten, zu dem dieser Artikel gehört. Das Video kannst du dir hier anschauen:
Viele christliche Kirchen glauben, dass wir nur auf die Gnade Christi vertrauen müssen, um errettet zu werden. Wieso glauben sie das? Nun… wahrscheinlich deshalb, weil es genau das ist, was die Bibel lehrt. Dieser Glaube macht also Sinn. Verwirrung herrscht jedoch bei der Frage, was die Heiligen der Letzten Tage über dieses Thema denken. Deswegen werde ich versuchen, mich so klar wie möglich auszudrücken.
Die Sache sieht so aus: Als Heilige der Letzten Tage glauben wir NICHT, dass wir uns die Errettung durch unsere (guten) Taten „erkaufen“ können. Errettung kommt allein durch Christus. Wir werden durch seine Gnade errettet. Aber unsere Überzeugung, dass nur Christus die Forderungen der Gerechtigkeit erfüllen kann, spricht uns noch nicht von der Erfüllung der Forderungen Christi frei. Worin diese Forderungen genau bestehen, kommen wir gleich noch zu sprechen.
Errettung – Was heißt das?
Aber bevor wir uns damit befassen: Wenn wir von Errettung sprechen, was genau meinen wir damit? Wovor genau rettet Christus uns eigentlich? Diese Frage lässt sich freilich unterschiedlich beantworten. Wenn ich aber von Errettung spreche, dann meine ich damit die Errettung von physischem und geistigem Tod (also Sünde). Weil Christus auferstanden ist, glauben wir, dass jeder Mensch – unabhängig von Religion oder Verhalten – ebenfalls auferstehen wird. Die Errettung vom physischen Tod ist ein kostenloses Geschenk von Christus an die gesamte Menschheit. Egal, wie vielen alten Damen ich über die Straße helfe … Ich werde nie die Macht haben, mich selbst von den Toten auferstehen zu lassen. Diese Gabe kommt von Christus.
Die Errettung vom geistigen Tod, also von der Sünde, ist ebenfalls nur durch die Gnade Christi möglich. ABER: An dieses Geschenk hat Christus Bedingungen geknüpft – zum Beispiel Glaube, Umkehr, die Taufe zur Sündenvergebung und das Empfangen des Heiligen Geistes.
Und genau dieser Punkt verwirrt viele Menschen – auch Mitglieder unserer Kirche – weil die Taufe ja auch eine Tat ist … oder? Klar, ist sie das, aber Heilige der Letzten Tage glauben, dass der Sinn und Zweck dieser Tat ein anderer ist. Es geht bei der Taufe nicht darum, die Forderungen der Gerechtigkeit zu erfüllen; nicht darum, sich die Errettung zu „verdienen“. Es geht bei der Taufe einfach darum, eine Bedingung zu erfüllen, ohne die wir das Geschenk von Christus nicht erhalten können. Seht ihr den Unterschied?
Das heißt aber nicht, dass jeder, der nicht getauft wurde, ins ewige Fegefeuer verbannt wird. Guck dir am besten unser Video zum Unterschied von Errettung und Erhöhung an, falls dich dieses Thema interessiert:
Welche Rolle spielen (gute) Taten?
Vieles von dem, was ich gesagt habe, findet sich auch in einer tollen Ansprache von Professor Brad Wilcox. Die Ansprache, die viel tiefer in dieses Thema eintaucht, findet ihr hier verlinkt. In seiner Rede gibt Brad Wilcox ein Beispiel, das ich persönlich sehr mag, weil es ziemlich gut zeigt, wieso wir dazu neigen, Taten in unserem Glauben so stark zu betonen:
„Die Abmachung, die Christus mit uns getroffen hat, ähnelt einer Mutter, die Klavierunterricht für ihr Kind organisiert. Die Mutter bezahlt den Klavierlehrer. Weil die Mutter die Kosten übernimmt, kann sie sich an ihr Kind wenden und etwas im Gegenzug verlangen. Was verlangt sie? Dass man übt! Bezahlt das Üben des Kindes den Klavierlehrer? Nein. Zahlt das Üben des Kindes der Mutter das Geld zurück, das sie dem Klavierlehrer zahlt? Nein. Durch das Üben zeigt das Kind seine Dankbarkeit für das wunderbare Geschenk der Mutter. Es ist die Art und Weise, in der das Kind die großartige Möglichkeit nutzt, die seine Mutter ihm gibt, um sich weiterzuentwickeln und sein Leben auf eine höhere Stufe zu heben. Die Freude der Mutter findet sich nicht darin, dass ihr Kind ihr das Geld zurückzahlt. Sie findet sich darin, dass ihr Kind Gebrauch von ihrem Geschenk macht – Die Freude der Mutter findet sich in der Verbesserung ihres Kindes. Aus diesem Grund verlangt sie weiter nach Übung, Übung, Übung. Ich habe Christen als Freunde, die mir sagen, ‚Ihr Mormonen versucht, euch den Weg in den Himmel zu erkaufen‘. Ich erwidere: „Nein, wir erkaufen uns keinen Platz im Himmel. […] Wir bereiten uns lediglich auf den Himmel vor. Wir üben für ihn.“
Also: Glauben Heilige der Letzten Tage, dass sie von Tod und Sünde durch Gnade oder Taten errettet werden? Dingdingdingding! Die Antwort lautet: GNADE. Sind Taten wichtig? Natürlich sind sie das, aber ihr Zweck liegt nicht darin, Christus überflüssig zu machen oder zu ersetzen, sondern darin, sein Sühnopfer zu ehren, zu würdigen und zu nutzen. Es finden sich bestimmt einige Leser, die gerade vehement ihren Kopf schütteln und denken, dass wir total daneben liegen. Und das ist völlig in Ordnung! Du musst nichts hiervon glauben, aber hoffentlich weißt du jetzt zumindest etwas genauer, woran wir glauben. Und einige von euch sitzen jetzt bestimmt vor ihren Bildschirmen mit tausend mehr Fragen über Gnade und Taten. Falls du dazu gehörst, schlage ich vor, dass du weiterliest. Wenn das deine Fragen noch nicht beantwortet, schick uns einfach eine Nachricht. Wir würden uns freuen, von dir zu hören!
Weitere Informationen
Der Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage wird immer wieder vorgeworfen, ein auf Taten basierendes Evangelium zu haben und sich durch gute Werke ihren Einlass in den Himmel “erkaufen” zu wollen. Doch im Buch Mormon wird klar zum Ausdruck gebracht, dass die Errettung eine freie Gabe Christi ist:
“Und du hast in deiner Jugend seine Herrlichkeit geschaut; darum bist du gesegnet, selbst so wie diejenigen, denen er im Fleische dienen wird; denn der Geist ist derselbe gestern, heute und immerdar. Und der Weg ist seit dem Fall des Menschen bereitet, und die Errettung ist eine freie Gabe.”
2 Nephi 2:4
Wenn Errettung eine freie Gabe ist, wieso sollten wir dann versuchen, sie uns durch Taten zu verdienen? Unser Streben nach guten Taten dient einem anderen Zweck…
Bei der Gnade geht es um mehr als nur Errettung
Die Gnade Christi ermöglicht uns dieses irdische Leben – unsere Existenz. Jeden Atemzug tätigen wir durch seine Gnade. Seine Gnade hilft uns dabei, Probleme zu lösen, unsere Beziehungen zu kräftigen, unsere Talente zu entdecken und zu entwickeln. Sie hilft uns dabei, Zweifel zu überwinden und Glauben zu finden.
“Ich finde es erstaunlich, dass der Sohn Gottes hinabgefahren ist, um uns zu retten – so unvollkommen, unrein, zu Fehlern neigend und undankbar, wie wir oftmals sind. So sehr ich mich bemühe, das Sühnopfer des Erlösers mit meinem begrenzten Verstand zu erfassen: Die einzige vernünftige Erklärung scheint mir, dass Gott uns liebt – aus tiefstem Herzen, vollkommen und unaufhörlich. Ich vermag ‘die Länge und Breite, die Höhe und Tiefe [der] Liebe Christi’ auch nicht ansatzweise zu beurteilen.
Beeindruckend kommt diese Liebe in dem zum Ausdruck, was in den heiligen Schriften so oft als die Gnade Gottes bezeichnet wird – die Hilfe, die er uns gibt, und die Kraft, die er uns verleiht, damit sich aus den fehlerbehafteten und begrenzten Wesen, die wir jetzt sind, erhöhte Wesen entwickeln, voller ‘Wahrheit und Licht, bis [wir] in der Wahrheit verherrlicht [werden] und alles [wissen]’. […]
Ein weiteres Merkmal der Gnade Gottes ist, dass sie die Fenster des Himmels öffnet, durch die Gott uns mit Segnungen überschüttet: Er gibt uns Kraft und Stärke und versetzt uns in die Lage, Dinge zu erreichen, die sonst weit jenseits unserer Möglichkeiten lägen. Die wunderbare Gnade Gottes ermöglicht es seinen Kindern, dem Treibsand des Satans mit seinem verhängnisvollen Sog zu entkommen, sich über die Sünde zu erheben und in Christus vollkommen zu werden.”
Die Gabe der Gnade – Dieter F. Uchtdorf
Welche Rolle spielt das Letzte Gericht?
Alle Christen glauben, dass wir irgendwann vor Gott stehen und gerichtet werden. Im Buch Offenbarung steht an vier Stellen, dass wir anhand unserer Taten gerichtet werden. Ähnliches steht auch an vielen Stellen des Buches Mormon. Wir glauben, dass bei diesem Gericht alles über uns und unsere Umstände in Gottes Urteil einfließen wird: unsere physischen und genetischen Anlagen, der kulturelle Einfluss, vorhandene und fehlende Chancen, unsere Erziehung, unsere individuellen Herausforderungen, Wünsche und Motive – einfach alles.
Das Letzte Gericht ist ein notwendiger Bestandteil von Gottes Plan der Erlösung – und wir müssen uns ihm alle stellen. Errettung bedeutet, nach unserer Auferstehung einen Platz im Himmel zu bekommen. Aber in welchen Teil des Himmels wir kommen, wird beim Gericht entschieden. Durch die Gnade Christi wird praktisch jeder, den Du kennst, in einem Reich der Herrlichkeit errettet werden.
Test
Test bestanden! 😉
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Liebe Grüße
Urs