Das wichtigste vorweg: Ja, wir haben eine himmlische Mutter. Und in diesem Beitrag möchte ich dir erklären, wieso ich das glaube…

Aber ich weiß: Wenn man zum ersten Mal hört, dass die Mitglieder der Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage (fälschlicherweise bekannt als LDS-Kirche, HLT-Kirche oder Mormonen) an eine Mutter im Himmel glauben, ist man zunächst ziemlich überrascht. Und das zurecht:

Keine andere christliche Kirche hat eine vergleichbare Lehre.

Der Glaube an eine göttliche Mutter widerspricht wahrscheinlich vielem von dem, was du bisher gehört oder geglaubt hast. Es ist daher vollkommen normal, wenn du dich damit schwertust, diese Lehre zu akzeptieren.

Dabei gibt es gute Gründe, an ihre Existenz zu glauben. 

Du möchtest wissen, welche? Dann bleib dran.

Doch was wissen wir eigentlich über unsere Mutter im Himmel? Und was wissen wir nicht?

Was wissen wir über unsere himmlische Mutter?

Die ehrliche Antwort: nicht viel.

Wir wissen, dass es sie gibt. Und wir wissen, dass sie mit Gott Vater verheiratet ist. Das war’s eigentlich auch schon.

Was wissen wir nicht? Nun ja, alles andere. Wir wissen nicht, wie sie aussieht. Wir wissen nicht, welchen Einfluss sie auf unser Leben nimmt. Wir wissen noch nicht einmal, wieso wir so wenig über sie wissen.

Eigentlich schade.

Aber jetzt fragst du dich bestimmt: Woher wissen wir die wenigen Dinge, die wir wissen?

1.     Durch Propheten und Aposteln

2.     Durch logische Schlussfolgerungen

Der Glaube an eine himmlische Mutter existiert in der Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage etwa seit 1840. Er geht auf Lehren des Propheten Joseph Smith zurück.

Der Prophet Joseph Smith
Joseph Smith

Seither wurde unsere göttliche Mutter immer mal wieder in Predigten (wir würden sagen: Ansprachen) von nachfolgenden Propheten und Aposteln erwähnt.

Eine Liste der wichtigsten Zitate und weiteres Informationsmaterial findest du am Ende dieses Beitrags.

Doch zurück zum Thema:

Warum die Lehre von einer Mutter im Himmel Sinn macht

Abgesehen von den Worten der Propheten – denen man glauben kann oder nicht – macht diese Lehre einfach Sinn. Sie ist eine natürliche Konsequenz fundamentaler Lehren des Evangeliums Jesu Christi.

Oder anders ausgedrückt: Wenn du an die Schöpfungsgeschichte, die Umkehr und das göttliche Potential der Menschen glaubst, wird es schwer, nicht auch an eine göttliche Schöpferin zu glauben.

Ja, es fühlt sich ungewohnt und ein bisschen komisch an, von einer weiblichen Göttin an der Seite unseres bereits bekannten (männlichen) Gottes zu sprechen. Und warum? Weil es kaum jemand macht.

Aber denk mal über Folgendes nach:

Hinweise auf eine göttliche Mutter in der Bibel

In der Schöpfungsgeschichte steht: „Dann sprach Gott: Laßt uns Menschen machen als unser Abbild, uns ähnlich. […] Gott schuf also den Menschen als sein Abbild; als Abbild Gottes schuf er ihn. Als Mann und Frau schuf er sie.“ (Genesis 1:26,27)

Adam und Eva wandeln Hand in Hand durch den Garten Eden
Art: “Adam and Eve” by Lowell Bruce Bennett

Eine Frage stellt sich sofort: Zu wem spricht Gott hier?

Das hebräische Wort Elohim, das in diesen Versen mit Gott übersetzt wird, steht eigentlich im Plural. Es sind mindestens zwei Götter, die den Menschen als ihr Abbild erschaffen. Das würde auch erklären, welche Gruppe hier mit „uns“ angeredet wird.

Doch was kommt wohl dabei heraus, wenn eine Gruppe von Männern den Menschen nach ihrem Abbild schafft? Richtig: ein Mann. Nach welchem Abbild wurde dann die Frau geschaffen?

Eine plausible Antwort: Eine Frau war beim Schöpfungsakt beteiligt.

Die Lehre von einer Mutter im Himmel folgt aus einfachen Glaubensgrundsätzen

Bevor es zu den Zitaten von Propheten geht, möchte ich noch kurz einen Gedanken ausführen.

Wenn du von unserem Glauben an eine Mutter im Himmel gehört hast, musst du dich ziemlich intensiv mit den Lehren der Kirche Jesu Christi auseinandergesetzt haben.

Vielleicht informierst du dich gerade über unsere Kirche, weil viele andere ihrer Lehren deine eigenen Überzeugungen widerspiegeln. Vielleicht liest du gerade das Buch Mormon, um herauszufinden, ob es wahr ist.

Oder du bist bereits davon überzeugt, dass die Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage Gottes wahre Kirche auf Erden ist und wurdest von der Lehre einer himmlischen Mutter einfach überrumpelt.

Wenn dem so ist, dann wird dir folgender Gedanke wahrscheinlich helfen:

Alle Menschen (Mann und Frau) sind Kinder Gottes. Christus ist für uns alle gestorben. Durch sein Sühnopfer kann jeder Mensch in Gottes Gegenwart zurückkehren, wenn er umkehrt und die Gebote hält.

Diesen Teil glaubst du bestimmt schon.

Jesus hängt am Kreuz und vollbringt das Sühnopfer

Aber hier ist das Beste daran: Das Sühnopfer ist ewig. Es kann uns auf ewig helfen, unsere Schwächen und Fehler zu überwinden – auch nach dem Tod.

Durch diesen endlosen Prozess der Verbesserung können wir irgendwann perfekt werden (wie Gott). Und wenn wir diesen Weg nicht allein beschreiten, sondern zusammen mit einem Ehepartner, dann ist für uns sogar noch mehr drin: Wir können buchstäblich wie unsere himmlischen Eltern werden (wir nennen das „Erhöhung“).

Ja, ich weiß. Auch das klingt komisch. Aber die Chancen stehen gut, dass du davon bereits gehört hast.

Gott könnte ohne eine Frau nicht Gott sein

Wir glauben, dass die Gesetze der Erhöhung ewig sind. Sie gelten für jeden immer und überall.

Das heißt: Auch Gott könnte ohne eine bessere Hälfte an seiner Seite nicht Gott sein. Er ist mit einer wunderbaren Frau verheiratet, die dieselben göttlichen Eigenschaften hat wie er. Zusammen haben sie uns als ihre (Geist-)Kinder erschaffen.

Sie haben unserer Seele einen geistigen Körper gegeben. So wie unsere irdischen Eltern uns einen physischen Körper gegeben haben.

Ich finde den Gedanken, dass ich im Himmel nicht nur einen liebenden Vater, sondern auch eine liebevolle Mutter habe, sehr tröstend. Für mich macht es Sinn, dass die irdische Einheit zwischen Mann und Frau in der Ehe einem göttlichen Vorbild folgt.

Eine Mutter hält ihr Baby in die Luft

Ich hoffe, auch dir ist die Lehre von einer himmlischen Mutter jetzt nicht mehr ganz so fremd.

Schreib mir gleich in den Kommentaren, ob ich deine Fragen (und Einwände) beantworten konnte oder drücke jetzt auf “Chat mit mir” und schreibe mir persönlich. Ich bin gespannt!

Zitate:

Erklärung der ersten Präsidentschaft der Kirche (1909): „Alle Männer und Frauen sind das Ebenbild des Vaters und der Mutter aller und buchstäblich die Söhne und Töchter dieser Gottheit.“ („The Origin of Man“, Improvement Era 13, Nr. 1, November 1909, Seite 78)

„Jeder Mensch ist ein geliebter Geistsohn oder eine geliebte Geisttochter himmlischer Eltern und hat dadurch ein göttliches Wesen und eine göttliche Bestimmung.“ (Die Familie – eine Proklamation an die Welt)

„Wir sind Teil eines göttlichen Plans himmlischer Eltern, die uns lieben“ (M. Russell Ballard, When Thou Art Converted: Continuing Our Search for Happiness, Salt Lake City, Deseret Book, 2001, Seite 62)

„Wir vergessen, dass wir einen himmlischen Vater und eine himmlische Mutter haben, die wohl noch besorgter um uns sind als unser irdischer Vater und unsere irdische Mutter. Auch vergessen wir, dass Einflüsse aus dem Jenseits unablässig bemüht sind, uns zu helfen, wenn wir alles tun, wozu wir imstande sind.“ (Harold B. Lee, „The Influence and Responsibility of Women“, Relief Society Magazine 51, Nr. 2, Februar 1964, Seite 85)

„Dass wir nicht zu unserer Mutter im Himmel beten, bedeutet nicht, dass wir sie in irgendeiner Weise herabsetzen oder abwerten.“ (Gordon B. Hinckley, „Töchter Gottes“, Der Stern, Januar 1992, Seite 94)

„Am Anfang unserer Theologie stehen himmlische Eltern. Unser höchstes Streben ist, ihnen gleich zu sein.“ (Dallin H. Oaks, „Der Abfall vom Glauben und die Wiederherstellung“, Ensign, Mai 1995, Seite 84)

“Gott ist Ihr Vater. Er liebt Sie. Er und Ihre Mutter im Himmel schätzen Sie über alle Maßen wert. Sie gaben Ihrer unsterblichen Intelligenz eine geistliche Form, wie auch Ihre irdische Mutter und Vater Ihnen einen sterblichen Körper gaben. Sie sind einzigartig. Aus ewiger Intelligenz geschaffen haben Sie die Möglichkeit auf ewiges Leben.” (Im englischen Original: “God is your Father. He loves you. He and your Mother in Heaven value you beyond any measure. They gave your eternal intelligence spirit form, just as your earthly mother and father have given you a mortal body. You are unique. One of a kind, made of the eternal intelligence which gives you claim upon eternal life.” (Spencer W. Kimball, “Privileges and Responsibilities of Sisters,” Ensign, Nov. 1978, Seite 105)

Gedicht von Eliza R. Snow: „Sind im Himmel Eltern einzeln? / Die Vernunft weist solches fort. / Wahrheit ist Vernunft – ewig spricht sie: / ‚Du hast eine Mutter dort!‘“ („My Father in Heaven“ in „Poetry, for the Times and Seasons“, Times and Seasons 6, 15. November 1845, Seite 1039)

Zusatzmaterial:

Abhandlungen zu Evangeliumsthemen: Mutter im Himmel https://www.churchofjesuschrist.org/study/manual/gospel-topics-essays/mother-in-heaven?lang=deu

Abhandlungen zu Evangeliumsthemen: Wie Gott werden https://www.churchofjesuschrist.org/study/manual/gospel-topics-essays/becoming-like-god?lang=deu

Hinweis auf unsere himmlische Mutter im Buch Mormon: https://treuimglauben.de/ewige-ehe-ewige-familie/ueberraschende-bezugnahme-auf-die-himmlische-mutter-im-buch-mormon/


Über den Autor:

Urs Wrenger machte seinen Abschluss in Philosophie und Germanistik an der Ruhr-Universität Bochum. Er versucht, die Philosophie als konstruktive Disziplin in der Gesellschaft zu reetablieren und auch für religiöse Themen produktiv zu machen. Wenn Urs nicht gerade liest, geht er wandern, fährt Fahrrad oder genießt Rock ‘n’ Roll aus den 60er- bis 90er-Jahren.

Dieser Artikel über unsere himmlische Mutter wurde von Urs Wrenger verfasst und am 16.02.2022 auf treuimglauben.de veröffentlicht.

Wenn Sie mehr über die Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage (Mormonen) wissen möchten, dann besuchen Sie einfach eine der offiziellen Webseiten der Kirche: kommzuchristus.org und kirche-jesu-christi.org.

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