Über die Natur Gottes steht Folgendes in den Schriften der Heiligen der Letzten Tage:

“Der Vater hat einen Körper aus Fleisch und Gebein, so fühlbar wie der eines Menschen, ebenso der Sohn; aber der Heilige Geist hat keinen Körper aus Fleisch und Gebein, sondern ist eine Person aus Geist.”

Lehre und Bündnisse 130:22

Das stößt vielen anderen Christen übel auf, denn heißt es nicht in Johannes 4:24: “Gott ist Geist”? Eine absolut berechtigte Frage.

In Johannes 4:24 steht: “Gott ist Geist und alle, die ihn anbeten, müssen im Geist und in der Wahrheit anbeten.” Viele Christen verstehen diese Schriftstelle so, dass Gott keinen Körper haben kann, weil er ja Geist ist. Zu dieser Schlussfolgerung kommen Heilige der Letzten Tage nicht. 

Geist und Körper schließen einander nicht aus

Wir glauben zwar, dass es körperlose Geister gibt, aber wir glauben auch, dass es einen Geist im Körper gibt. Wir glauben, dass Gottes Geist mit einem Körper verbunden ist. Sein Geist ist in einen unsterblichen, vollkommenen, unverweslichen und verherrlichten Körper aus Fleisch und Gebein gehüllt.

Lasst uns Jesus als Beispiel nehmen:

Vor seiner Geburt war Christus ein körperloser Geist. Während seines irdischen Wirkens wohnte sein Geist in einem sterblichen Körper. Nach seinem Tod war er für drei Tage wieder ein Geist ohne Körper. Und seit seiner Auferstehung wohnt sein Geist in einem unsterblichen Körper. Die Konstante, die sich durch diesen ganzen Prozess zieht, ist sein Geist. Es war immer derselbe Geist. Auf ähnliche Weise glauben wir, dass auch Gott Vater Geist ist. Gott definiert sich ebenso wenig wie wir über seinen Körper. Wir sind nicht unser Körper, sondern wir haben einen Körper.

Und tatsächlich findet sich in den Schriften der Heiligen der Letzten Tage eine Aussage, die ganz ähnlich wie Johannes’ Behauptung “Gott ist Geist” klingt: “Denn der Mensch ist Geist” (Lehre und Bündnisse 93:33). Das bedeutet natürlich nicht, dass wir nicht auch einen physischen Körper haben. Es ist einfach eine Würdigung unserer ewigen Identität, die weitaus älter als unser physischer Körper ist.

Maria begegnet dem auferstandenen Jesus Christus, der da "ein Geist" war.

Seit seiner Auferstehung ist der Geist Christi mit einem vollkommenen Körper verbunden

Die metaphorische Interpretation

Aber mal ganz abgesehen von dieser Erklärung kannst du Johannes 4:24 auch einfach metaphorisch interpretieren, wenn das für dich mehr Sinn macht. 

Denn es gibt eine ganze Reihe sehr ähnlicher Schriftstellen, die eindeutig nicht als buchstäbliche Beschreibungen der Natur Gottes gemeint sind. Zum Beispiel lesen wir im 1. Johannes: “Gott ist Liebe” (1. Johannes 4:8). An anderer Stelle lesen wir “Gott ist Licht” (1. Johannes 1:5). 

Ist Gott buchstäblich Liebe? Besteht er wirklich aus Photonen? Wahrscheinlich nicht. In diesen Passagen wird lediglich sein liebevolles Wesen und sein Wunsch, denen Wahrheit zu offenbaren, die im Dunkeln tappen, beschrieben.

Analog lässt sich “Gott ist Geist” einfach als eine Anerkennung seiner Geistigkeit interpretieren und nicht als buchstäbliche und umfassende Beschreibung seines Wesens. Im vorhergehenden Kapitel, Johannes 3, lesen wir von einem ziemlich deutlichen Beispiel dieser Interpretation als Christus über die Taufe spricht. Er sagt: “Was aus dem Fleisch geboren ist, das ist Fleisch; was aber aus dem Geist geboren ist, das ist Geist.” (Johannes 3:6)

Demnach werden neu getaufte Gläubige, die “aus dem Geist geboren” sind, hier als Geist beschrieben. Bedeutet das etwa, dass wir nach der Taufe unsere physischen Körper abstreifen? Natürlich nicht. Der Theologe Albert Barnes schreibt dazu, dass die getauften Gläubigen “Geist” in dem Sinne sind, dass sie wie der Geist werden, also heilig und rein (vgl. studylight.org).

Wenn wir diese Interpretation auf Johannes 4:24 anwenden, können wir den Vers in etwa so übersetzen: “Gott ist heilig und rein und alle, die ihn anbeten müssen in Heiligkeit und Reinheit anbeten.”

Die Moral von der Geschicht’ ist die: Ein Teil der Heiligen der Letzten Tage interpretiert diese Schriftstelle wortwörtlich, ein anderer Teil hingegen metaphorisch. Ich denke, beide Erklärungen machen auf ihre Art Sinn, also nimm einfach die, die dir am plausibelsten scheint. Und falls es für dich am meisten Sinn macht, dass Gott buchstäblich ein körperloser Geist ist, dann ist das auch in Ordnung. 

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